Ist die Nichtberücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen verfassungskonform ?

Ab 2010 wurde im Bereich der Versicherungsaufwendungen geregelt, dass die Basisbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicheurng unbeschränkt von der Einkommensermittlung als Sonderausgaben absetzbar sind.

Im Gegenzug gibt es dazu eine Pauschalregelung. Alle Versicherungen (Außer Rentenversicherungsbeiträge und Basisrenten, Berufsständige Rentebeiträge) also z.B. Haftpflicht, Arbeitslosenversicherung, Unfallversicherung, 88% der Lebensversicherungsbeiträge und die kompletten Kranken- und Pflegeversicherungen werden zunächst in einen Topf geworfen. Dann wird die Abzugsfähigkeit dieses Topfes auf maximal 1.900 Euro (z.B. bei Arbeitnehmern) bzw. 2.800 Euro (z.B. bei Selbständigen) begrenzt.

In den meisten Fällen sind die Aufwendungen für die Basis-Kranken- und Pflegeversicherung für sich gesehen bereits höher als die Pauschbeträge.

Folge: die absetzbaren Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sind voll absetzbar, alle anderen Versicherungen fallen de facto unter den Tisch und werden steuerlich überhaupt nicht mehr berücksichtigt.

Der Mindestbetrag der KV-/PV-Beiträge ist höher als der Höchstbetrag des Pauschalbetrages.

Hinsichtlich der auf diesem Weg nicht absetzbaren Arbeitslosenversicherung liegt bereits eine Verfassungsbeschwerde beim BVerfG (Az.: 2 BvR 598/12) vor. Jetzt hat das FG Baden-Württemberg (AZ 9 K 242/12) nachgezogen und die Verfassungskonformität auch die beschränkende Steuerauswirkung der Unfall- Haftplicht- und Risikolebensversicherungen in Frage gestellt, die wie die KV-/PV zum sozialhilfegleichen Versorgungsniveau hinzugehören.

Anmerkung: Legen Sie gegen Ihre entsprechenden Steuerbescheide Einspruch ein und beantragen Sie ein Ruhen lassen des Verfahrens.

 

 

Einigung im Vermittlungsausschuss zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 (Teil 1)

Im Vermittlungsausschuss haben sich der Bund und die Länder geeinigt. Am 23.09.2011 wird der Bundsrat dem (geänderten) Gesetz zustimmen. Ein Hoch auf den Beamtenapparat, der seine Existenzberechtigung damit wieder ausdrücklich unter Beweis gestellt hat. Es wurde im gesamten umfangreichen Gesetzespaket nur eine einzige Änderung vorgenommen !! Die 2-Jahres-Option für die Abgabe von Einkommensteuererklärungen wurde gestrichen.

Was bleibt ?? Hier die meines Erachtens für Sie wichtigsten Änderungen:

1. Kapitaleinkünfte

Seit 2005 gilt die sogenannte Abgeltungssteuerregelung. Bisher waren die Kapitalerträge (soweit sie den Freibetrag überschritten) immer bei der Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen und bei der Berechnung des Altersentlastungsbetrages zu berücksichtigen. Künftig werden die Kapitalerträge bei den Berechnungen nur berücksichtigt, wenn sie auch tariflich besteuert werden. Umkehrschluß: Greift die Abgeltungssteuerwirkung, entfallen die Kapitalerträge bei der Berechnung der zumutbaren Belastung und des Altersentlastungsbetrages. (Mein Kommentar: Sehr vernünftige Lösung). Gilt ab dem 01.01.2012.

2. Arbeitnehmerpauschbetrag

Der Werbungskostenpauschbetrag wird von 920 Euro auf 1.000 Euro erhöht.

Gilt rückwirkend ab dem 01.01.2011. (Mein Kommentar: Blödsinn. Selbst beim Spitzensteuersatz wären dies circa 38 Euro Steuerersparnis im Jahr. Bei allen, die eh mehr als 1.000 Euro Werbungskosten haben, wirkt sich das „Steuergeschenk“ sowieso nicht aus.)

3. Kinderbetreuungskosten

An der Höhe der Berücksichtigung von maximal 2/3 von 4.000 Euro ändert sich nichts. Der bisherige Abzug als Werbungskosten/Betriebsausgaben entfällt. Künftig nur noch als Sonderausgabenabzug möglich. Die Unterscheidung der persönlichen Anspruchsvoraussetzungen zwischen erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten entfällt.

Gilt ab 01.01.2012 (Mein Kommentar: Im Großen und Ganzen eine vernünftige Vereinfachung. Ob allerdings die avisierten Steuerentlastungen dadurch bei den Eltern erzielt werden, wird letztlich die Praxis erweisen. Bei den Musterberechnungen bin ich immer sehr skeptisch. Regelung kann allerdings auch nachteilig sein: Die Bemessungsgrundlage für einkommensabhängige Kindergartengebühren oder andere einkommensabhängige Leistungsansprüche kann durch den Wegfall des Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzuges erhöht werden. Wie gewonnen so zeronnen ?)

4. Erstattete Sonderausgaben werden nur noch im Erstattungsjahr berücksichtigt

Bisher wurden Kirchensteuererstattungen (aufgrund vorjähriger Steuererkärungen) aus Vorjahren zunächst mit den Kirchensteuerzahlungen das laufenden Jahres verrechnet und ein etwaig verbleibender Überhang im jeweiligen Jahr, auf das sich die Erstattung bezog, rückwirkend steuerbelastend erhöht. Beispiel: Kirchensteuererstattung 2008 im Jahr  1.000 Euro, KiSt-Zahlungen 2010 500 Euro. KiSt-Sonderausgaben 2010 = 0, rückwirkende Steueränderung (Sonderausgabenkürzung) des Jahres 2008 mit 500 Euro.

Künftig: Keine Rückberechnung mehr. Beispiel: KiSt-Erstattung für 2010 im Jahr 2012 = 1.000 Euro. KiSt-Zahlungen 2012 500 Euro. Zunächst Verrechnung = KiSt-Sonderausgabenabzug 2012 = 0; Erstattunsüberhang 500 Euro = Erhöhung des Gesamtbetrages der Einkünfte im Jahr 2012.

Die gleiche Berechnung gilt auch für die Erstattungen von Rentenversicherungsbeiträge und Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.

Gilt ab dem 01.01.2012. (Mein Kommentar: Nachvollziehbare Vereinfachungsregelung)

5. Verbilligte Vermietung an Angehörige

Bisher: Lag der Mietpreis unter 56 % der ortsüblichen Miete erfolgte ein anteiliger Werbungskostenabzug (Beispiel Vermietung 50 % der ortüblichen Miete bedeutet Werbungskostenansatz 50 %). Zwischen 56 und 75% musste eine Überschussprognose erstellt werden. War also nachweisbar, dass über einen Zeitraum von 30 Jahren per Saldo ein Plus herauskommt, dann voller Werbungskostenabzug, ansonsten anteilige Kürzung der Werbungskosten. Lag die verbilligte Miete über 75%, erfolgte keine Überprüfung mit einer Überschussprognose.

Künftig: Die Erstellung einer Überschussprognose entfällt. Dafür: Beträgt der Mietpreis weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, dann erfolgt immer eine anteilige Kürzung der Werbungskosten. Liegt die Miete bei mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, werden die Werbungskosten nicht mehr anteilig gekürzt.

Gültig ab 01.01.2012 (Mein Kommentar: Begrüßenswerte Vereinfachungsregelung)

 

Böse Steuerfalle bei Lebensversicherungen

Eine böse Falle beschert uns das rechtskräftige Urteil des FG Hessen vom 16.06.2011 (AZ 11 K 2096/09).

Wir alle kennen die Regelung, dass die Auszahlung von Lebensversicherungen nach Ablauf von 12 Jahren steuerfrei sind. Das dies nicht immer gilt, muss wurde uns mit dem FG-Urteil klar gemacht.

Tenor: Eine Lebensversicherung, die im Jahr 1993 durch eine Einmaleinzahlung abgeschlossen wurde ist nach regulärem Ablauf (hier 2006) in Höhe des Zinsanteiles steuerpflichtig, wenn sie als Kapitalabfindung in einem Betrag ausgezahlt wird ! Laut Gericht gehört eine LV gegen Einmalzahlung nicht zu den begünstigten Lebensversicherungen.

Wären die Beiträge regelmäßig gezahlt worden, wäre die Versicherung begünstigt gewesen. (Quelle: NWB Datenbank)

Dumm gelaufen, wäre wohl besser mit laufenden monatlichen Rentenzahlungen ausgezahlt worden.

 

Neu ab 2010: auch die Kranken- und Pflegeversicherung für Ihre Kinder kann absetzbar sein

Die OFD Münster hat eine Kurzinfo veröffentlicht, unter welchem Voraussetzungen die Finanzverwaltung die Absetzbarkeit der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung von Kindern bei den Eltern als Sonderausgaben abgezogen werden können. Eine Voraussetzung: die Eltern tragen die Kosten im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung.

Bisher ist ein steuerlicher Ansatz nach Finanzamtsmeinung nur möglich, wenn die Eltern durch die Beiträge des Kindes tatsächlich wirtschaftlich belastet sind. Daher müssen die Eltern die Beiträge direkt selbst zahlen oder ihrem Kind erstatten.

Der Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e.V. (BDL) tritt dieser Auffassung entgegen und ist der Ansicht, dass Eltern die Versicherungsbeiträge ihres Kindes bereits dann tragen, wenn sie ihrer Unterhaltsverpflichtung nachkommen.

Also: Prüfen, ob ein Einspruch Sinn macht !

OFD Münster, Kurzinformation Einkommensteuer 14/2011 v. 25.5.2011;  BDL, Pressemitteilung Nr. 12 v. 2.5.2011

 

Krankenkassenbeiträge: Beitragsrückerstattungen 2009 nicht mit 2010 gegenrechnen

Krankenkassenbeiträge sind seit 2010 steuerlich voll absetzbar. Steuerzahler könnten jedoch Probleme bekommen, wenn im Jahr 2010 Beitragsrückerstattungen aus dem Jahr 2009 gutgeschrieben wurden. Der Fiskus bekommt die Daten von den Versicherungen auch so übermittelt und verrechnet 2009er Erstattungen mit 2010er Zahlungen.

So die Äußerungen des Bundes der Steuerzahler in Berlin. Denn grundsätzlich mindern Beitragsrückerstattungen den abziehbaren Betrag. Aber diese Frage ist – wie so oft – umstritten. „Nach Ansicht einiger Experten dürfen sich die Beitragsrückerstattungen aus 2009 nicht mindernd auf die Abzugshöhe der Krankenkassenbeiträge in 2010 auswirken, da sich 2009 die Beiträge zur Krankenkasse – wenn überhaupt – nur in wesentlich geringerem Umfang steuerlich auswirkten“, erläutert Anita Käding vom Steuerzahlerbund. „Diese Position steht der der Finanzverwaltung entgegen.“

Also Beitragsrückerstattungen aus 2009 in Steuererklärung 2009 verrechnen

Daher die Empfehlung Beitragsrückerstattungen aus dem Jahr 2009 in der Steuererklärung 2009 verrechnen lassen. „Dies muss gegenüber dem Finanzamt zwar gesondert erklärt werden, führt aber regelmäßig zu keinen oder nur sehr geringen nachteiligen steuerlichen Auswirkungen“, erklärt Käding. Also entsprechend beantragen und kontrollieren.