Studienkosten: Gesetzgeber schlägt zurück

Wir erinnern uns: Der BFH hat in sich in mehreren Urteilen positiv zu der Absetzbarkeit von vorweggenommenen Studienkosten für eine spätere berufliche oder gewerbliche Tätigkeit geäußert.

Das Imperium (nein: nur alle deutschen Parteien – was für eine Einigkeit !!) schlägt zurück. Es wurde ein Nichtanwendungsgesetz auf den Weg gebracht. Darin soll es „nur“ eine gesetzgeberische Klarstellung geben, die dann rückwirkend ab 2004 gelten soll. Es werden keine verfassungsrechtlichen Bedenken gesehen, da durch die Änderung nur eine gefestigte Rechtsprechung wieder hergestellt wird.

Was soll das ? Die Richter sind zu einem neuen begründetem Ergebnis gelangt. Das wird jetzt über dem Gesetzesweg rückwirkend ignoriert, weil es dem Gesetzgeber so besser passt. Ich hoffe, dass darüber wieder neu über diese Ignoranz der Legislative gestritten wird.

Wenn ich so etwas in einer Betriebsprüfung anbringe, werde ich ausgelacht. Aber ich bin halt nicht die Obrigkeit.

Großzügig wird der Sonderausgabenabzug von 4.000 auf 6.000 Euro für Ausbildungskosten erhöht. Wenigstens etwas.

 

Neues Musterverfahren zur KfZ-Besteuerung nach der 1%-Regelung

Wieder kommt die 1%-Regelung auf den Prüfstand der Rechtsprechung.

Am 29.9.2011 hat das Niedersächsische FG die Klage zur Besteuerung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung eines Firmenwagens mit der 1%-Regelung auf Basis des Bruttolistenpreises abgewiesen. Es wurde Revision zugelassen, dass heißt es geht zum BFH.

Bisheriger Gesetzes- und Rechtsstand: 1% des inländischen Bruttolistenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung des erworbenen Fahrzeuges. Es ist dabei nach Gesetzeslage uind bisheriger Rechtsprechung völlig egal, ob Sie das Fahrzeug als wesentlich günstigeres Re-Importfahrzeug oder mit Nachlässen oder gebraucht erworben haben. Diese typisierende Regelung wurde höchtsrichterlich in vielen Verfahren bestätigt, da der Gesetzgeber den „Ausweg“ des Fahrtenbuches geschaffen hatte.

Für uns alle eine unverständliche Realitätsferne Regelung. Die ewigen Streitereien vor Gericht können nur als im höchstem Maße ärgerlich empfunden werden.

Nun hat das FG Niedersachsen mit seinem Urteil vom 29.09.2011 (AZ 9 K 394/10) diese realitätsferne typisierende Regelung als verfassungsgemäß beurteilt. Der Bund der Steuerzahler (als Mitkläger) ist allerdings der Meinung, dass ein pauschaler Abschlag vom Bruttolistenpreis in Höhe von 20 % zugelassen werden muss, da in den meisten Fällen ein viel geringerer Preis für neues Fahrzeug gezahlt wird. Die Klage wurde abgewiesen.

Es wurde zwischenzeitlich Revision beim BFH eingelegt. Ein Aktenzeichen liegt zur Zeit aber noch nicht vor.

Tipp: Legen Sie Einspruch ein, wenn Ihr Fahrzeug nach der 1%-Regelung besteuert wird.

 

Einigung im Vermittlungsausschuss zum Steuervereinfachungsgesetz 2011 (Teil 1)

Im Vermittlungsausschuss haben sich der Bund und die Länder geeinigt. Am 23.09.2011 wird der Bundsrat dem (geänderten) Gesetz zustimmen. Ein Hoch auf den Beamtenapparat, der seine Existenzberechtigung damit wieder ausdrücklich unter Beweis gestellt hat. Es wurde im gesamten umfangreichen Gesetzespaket nur eine einzige Änderung vorgenommen !! Die 2-Jahres-Option für die Abgabe von Einkommensteuererklärungen wurde gestrichen.

Was bleibt ?? Hier die meines Erachtens für Sie wichtigsten Änderungen:

1. Kapitaleinkünfte

Seit 2005 gilt die sogenannte Abgeltungssteuerregelung. Bisher waren die Kapitalerträge (soweit sie den Freibetrag überschritten) immer bei der Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen und bei der Berechnung des Altersentlastungsbetrages zu berücksichtigen. Künftig werden die Kapitalerträge bei den Berechnungen nur berücksichtigt, wenn sie auch tariflich besteuert werden. Umkehrschluß: Greift die Abgeltungssteuerwirkung, entfallen die Kapitalerträge bei der Berechnung der zumutbaren Belastung und des Altersentlastungsbetrages. (Mein Kommentar: Sehr vernünftige Lösung). Gilt ab dem 01.01.2012.

2. Arbeitnehmerpauschbetrag

Der Werbungskostenpauschbetrag wird von 920 Euro auf 1.000 Euro erhöht.

Gilt rückwirkend ab dem 01.01.2011. (Mein Kommentar: Blödsinn. Selbst beim Spitzensteuersatz wären dies circa 38 Euro Steuerersparnis im Jahr. Bei allen, die eh mehr als 1.000 Euro Werbungskosten haben, wirkt sich das „Steuergeschenk“ sowieso nicht aus.)

3. Kinderbetreuungskosten

An der Höhe der Berücksichtigung von maximal 2/3 von 4.000 Euro ändert sich nichts. Der bisherige Abzug als Werbungskosten/Betriebsausgaben entfällt. Künftig nur noch als Sonderausgabenabzug möglich. Die Unterscheidung der persönlichen Anspruchsvoraussetzungen zwischen erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten entfällt.

Gilt ab 01.01.2012 (Mein Kommentar: Im Großen und Ganzen eine vernünftige Vereinfachung. Ob allerdings die avisierten Steuerentlastungen dadurch bei den Eltern erzielt werden, wird letztlich die Praxis erweisen. Bei den Musterberechnungen bin ich immer sehr skeptisch. Regelung kann allerdings auch nachteilig sein: Die Bemessungsgrundlage für einkommensabhängige Kindergartengebühren oder andere einkommensabhängige Leistungsansprüche kann durch den Wegfall des Werbungskosten-/Betriebsausgabenabzuges erhöht werden. Wie gewonnen so zeronnen ?)

4. Erstattete Sonderausgaben werden nur noch im Erstattungsjahr berücksichtigt

Bisher wurden Kirchensteuererstattungen (aufgrund vorjähriger Steuererkärungen) aus Vorjahren zunächst mit den Kirchensteuerzahlungen das laufenden Jahres verrechnet und ein etwaig verbleibender Überhang im jeweiligen Jahr, auf das sich die Erstattung bezog, rückwirkend steuerbelastend erhöht. Beispiel: Kirchensteuererstattung 2008 im Jahr  1.000 Euro, KiSt-Zahlungen 2010 500 Euro. KiSt-Sonderausgaben 2010 = 0, rückwirkende Steueränderung (Sonderausgabenkürzung) des Jahres 2008 mit 500 Euro.

Künftig: Keine Rückberechnung mehr. Beispiel: KiSt-Erstattung für 2010 im Jahr 2012 = 1.000 Euro. KiSt-Zahlungen 2012 500 Euro. Zunächst Verrechnung = KiSt-Sonderausgabenabzug 2012 = 0; Erstattunsüberhang 500 Euro = Erhöhung des Gesamtbetrages der Einkünfte im Jahr 2012.

Die gleiche Berechnung gilt auch für die Erstattungen von Rentenversicherungsbeiträge und Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.

Gilt ab dem 01.01.2012. (Mein Kommentar: Nachvollziehbare Vereinfachungsregelung)

5. Verbilligte Vermietung an Angehörige

Bisher: Lag der Mietpreis unter 56 % der ortsüblichen Miete erfolgte ein anteiliger Werbungskostenabzug (Beispiel Vermietung 50 % der ortüblichen Miete bedeutet Werbungskostenansatz 50 %). Zwischen 56 und 75% musste eine Überschussprognose erstellt werden. War also nachweisbar, dass über einen Zeitraum von 30 Jahren per Saldo ein Plus herauskommt, dann voller Werbungskostenabzug, ansonsten anteilige Kürzung der Werbungskosten. Lag die verbilligte Miete über 75%, erfolgte keine Überprüfung mit einer Überschussprognose.

Künftig: Die Erstellung einer Überschussprognose entfällt. Dafür: Beträgt der Mietpreis weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, dann erfolgt immer eine anteilige Kürzung der Werbungskosten. Liegt die Miete bei mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, werden die Werbungskosten nicht mehr anteilig gekürzt.

Gültig ab 01.01.2012 (Mein Kommentar: Begrüßenswerte Vereinfachungsregelung)

 

Weihnachten naht: Teil 1 Betriebsveranstaltungen

Eine Betriebsveranstaltungen hat den Charakter einer Gesellschaftsveranstaltung und wird im Interesse des Betriebes organisiert.

Grundsätzlich muss die Teilnahme allen Mitarbeitern offenstehen, wobei eine Beschränkung auf einzelne Abteilungen bei größeren Firmen unschädlich ist.

Betriebsfeiern dienen im Interesse des Arbeitgebers vor allem für die Kontaktpflege unter den Mitarbeitern. Daher sind die Ausgaben für herkömmliche Betriebsveranstaltungen kein Arbeitslohn.

Aber: Abgrenzungsmerkmale für die Frage der Herkömmlichkeit (Üblichkeit) einer Betriebsveranstaltung sind deren Häufigkeit oder besondere Ausgestaltung. Steuerpflicht von Betriebsveranstaltungen tritt ein, wenn die Zuwendungen je Mitarbeiter eine betragsmäßige Höchstgrenze von 110 EUR (brutto !!) pro Veranstaltung überschreitet oder mehr als 2 Veranstaltungen pro Jahr für den gleichen Mitarbeiterkreis stattfinden.

Ausnahmen bestehen für Jubilare und Pensionäre sowie für Betriebsratsmitglieder und Arbeitnehmer der Firmenleitung, bei den beiden zuletzt genannten, wenn sie aus betrieblichen Gründen an mehr als 2 Betriebsveranstaltungen teilnehmen.

Beachte 1: Bei der Grenze von 110 Euro handelt es sich um eine Freigrenze, d.h. wird der Betrag auch nur um 1 Euro überschritten, fällt volle Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht an.

Beachte 2: Es können auch die Partner mit eingeladen werden, dann gilt allerdings die 110 Euro Grenze für beide zusammen !! Außer der Partner ist selber im einladenden Betrieb als Arbeitnehmer tätig.

Beachte 3: Eventuelle Nebenkosten, wie z.B. Fahrtkosten (Reisebus, Taxi usw.) werden in die Berechnung mit einbezogen !!

Tipp 1: Bei überschreiten der 110 Euro, kann der Arbeitgeber die Lohnnebenkosten im Pauschalierungsverfahren übernehmen.

Tipp 2: Bewahren Sie eine Einladungsliste auf, in der alle geladene Personen (inklusive des einladenden Unternehmers) aufgeführt werden. Werden Arbeitnehmer krank oder können aus anderen Gründen nicht an der Feier teilnehmen, wirkt sich das nicht nachteilig auf die Durchschnittsberechnung aus !!

Merke: Maßgebend ist die Anzahl der geladenen Personen und nicht die der tatsächlichen Anzahl der teilnehmenden Personen.

 

Vorweggenommene Werbungskosten auch bei anschließender Auslandstätigkeit möglich

Jetzt kommt ein Urteil nach dem anderen bezüglich der Absetzbarkeit von vorweggenommenen Kosten für eine spätere Berufsausübung:

LeitsatzDas Abzugsverbot für Kosten einer Erstausbildung steht der Abziehbarkeit beruflich veranlasster Kosten für ein Erststudium nicht entgegen. Dies gilt auch dann, wenn die Berufstätigkeit möglicherweise später im Ausland ausgeübt wird (BFH, Urteil v. 28.7.2011 – VI R 5/10; veröffentlicht am 7.9.2011).

Übersetzung: Es ist möglich die Kosten für ein Erststudium zur Erlangung einer beruflichen Qualifikation als vorweggenommene Werbungskosten geltend zu machen, auch wenn die berufliche Tätigkeit danach im Ausland ausgeübt wird.

Im Streitfall wurde in Deutschland eine Pilotenausbildung durchgeführt, danach erfolgte vorübergehend eine Beschäftigung bei einer türkischen Airline. Zwei Jahre nach der Ausbildung erfolgte die Beschäftigung bei einer deutschen Airline. Der Kläger machte die vorweggenommenen Erstausbildungskosten im Rahmen eines Verlustvortrages geltend.

Das Finanzamt sagte nein, der BFH sagte ja.

Die Kosten wurden zur Erlangung der beruflichen Qualifikation als Pilot aufgewendet und nicht zur Erlangung eines Arbeitsplatzes bei einem türkischen Arbeitgeber. Ein kleiner aber feiner Unterschied.

Quelle: BFH online (NWB Datenbank)

 

Vereinfachung im Reisekostenrecht zur regelmäßigen Arbeitsstätte

Eines finde ich gut. Auch der BFH prüft seine eigene Rechtsstandpunkte und korrigiert sie gegebenefalls auch.

Mit seiner Änderung der bisherigen Rechtsprechung hat der BFH entschieden, dass ein Arbeitnehmer nur maximal eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann. Damit wird das steuerliche Reisekostenrecht erheblich vereinfacht (BFH, Urteile v. 9.6.2011 – VI R 55/10, VI R 36/10 und VI R 58/09; jeweils veröffentlicht am 24.8.2011). 

Betroffen sind zum Beispiel Bezirksfilialleiter, die mehr oder weniger regelmäßig diverse Filialen anfahren müssen. Bisher galt eine komplizierte Berechnung, insbesondere, wenn auch noch ein Firmenwagen zur Verfügung stand. Jetzt entfällt für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Finanzamt die Abrechnung, Formalitäten usw. Jetzt wären alle diese „Filial“-Fahrten nach Dienstreisegrundsätzen abzurechnen.

Für Details fragen Sie Ihren Steuerberater.