Welches sind die praktischen Auswirkungen für SIE:
- 1. Für erbrachte Leistungen (Warenlieferungen/Dienstleistungen aller Art) werden die Umsatzsteuersätze befristet für die Zeit vom 01.07. bis 31.12.2020 vermindert.
Statt 19 % sind es 16 % und statt 7 % werden es 5 % sein.
- 2. Sie müssen veranlassen, bzw. darauf achten, dass Sie für Ihre Fakturasoftware/Buchhaltungssoftware und elektronischen Kassen rechtzeitig Aktualisierungen erhalten und diese einspielen.
- a. Bei allen, die eine Kasse (sowohl offenen Ladenkasse, als auch elektronische Registrierkasse) führen, müssen Sie Ihre Preislisten anpassen UND dauerhaft aufbewahren.
- 3. Soweit wir die Buchhaltung machen, werden wir von der DATEV eine Aktualisierung erhalten.
- 4. Was ist bei Ihrer Rechnungstellung zu achten:
- a. Maßgebend für die Anwendung des richtigen Ust-Satzes ist immer der Zeitpunkt, in dem Sie eine Leistung fertigstellen, bzw. wann Sie von Ihnen ausgeführt wurde und nicht, wann Sie die Rechnung stellen.
- b. Beispiel: Aufgrund einer Warenbestellung am 29.06. schicken Sie die Ware am 30.06. raus, dann 19 %, schicken Sie die Ware am 02.07. raus, dann 16 %.
Maßgebend ist also der Zeitpunkt, an dem die Lieferung beginnt! (sprich: Sie werfen die Lieferung in den Briefkasten, oder geben die Lieferung bei der Post ab oder übergeben die Lieferung an einen Spediteur)
- c. Beispiel: Das Gleiche gilt wenn Sie ein Produkt fertig herstellen und nur noch versenden oder zum Kunden befördern.
- d. Beispiel: Als StB erstellen wir den Lohn. In dem Moment, wo wir den Lohn von der DATEV erhalten, ist die Leistung erbracht. Der Lohn Juni wird am 25.06. fertig gestellt. Aber erst am 02.07. in Rechnung gestellt und versendet. Dann gilt trotzdem der Steuersatz mit 19%
- e. Beispiel:
- 1. Ich erbringe eine Beratungsleistung über einen umsatzsteuerlichen Sachverhalt am 05.06. ; am 20.06. eine Beratungsleistung zu einem ESt-Sachverhalt und am 03.07. stelle ich einen Antrag an das Finanzamt. Für alle drei Leistungen stelle ich meine Rechnung im Juli.
Folglich muss ich meine Rechnung aufteilen: Die Leistungen im Juni mit 19% und die Leistung im Juli mit 16%
- 2. Ich erhalten einen Beratungsauftrag für eine Expertise im Juni, ich beginne mit meiner Leistung auch noch im Juni, liefere ein Zwischenergebnis, schließe die Expertise aber erst im Juli ab. Somit gilt für die gesamte Leistung der Steuersatz von 16%
Diese beiden Sachverhalte können Sie auf sämtliche Dienstleistungen übertragen.
- 5. Was geschieht mit Verträgen für Dauerleistungen, wie z.B. ust-pflichtige Mietverträge, monatliche Kosten aufgrund eines Wartungsvertrages, Hostingdienstleistungen, Leasingverträge usw.
Normalerweise stehen in langfristigen Verträgen der Nettobetrag und der Hinweis, dass die Leistung zuzüglich der jeweils gültigen USt berechnet wird. An diesen Verträgen brauchen Sie nichts zu ändern, ABER: Für längerfristige Verträge mussten Sie aus formalistischer Sicht immer eine Dauerrechnung mit dementsprechend gültigen UST-Satz stellen und vorliegen haben. Meines Erachtens bleiben diese Dauerrechnungen weiterhin gültig !!
ABER Sie müssen für die Zeit der befristeten Steuersatzänderung für die Dauerleistung eine befristete geänderte Dauerrechnung schreiben.
Diese könnte so formuliert sein und wäre auf alle Arten von Dauerverträgen anwendbar:
„Für die zum Mietvertrag vom TT.MM.JJJJ gestellte Dauerrechnung vom TT.MM.JJJJ wird für die Zeit vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 die Leistung mit dem aktuellen Ust-Satz von 16% wie folgt abgerechnet: Nettomiete 1.000 Euro zzgl. Ust 16% = 160 Euro = Brutto 1.160 Euro.
Die bisherige Dauerrechnung wird für den Zeitraum 01.07.-31.12.2020 ausgesetzt und gilt ab dem 01.01.2021 in der ursprünglichen Höhe weiter.“
Dieser Passus ist sicherlich nicht juristisch perfekt formuliert. Mir ist der Inhalt wichtig. Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt eine saubere Formulierung vorschlagen.
- 6. Anzahlungen
Wird eine Leistung nach einer Steuersatzminderung ausgeführt, unterliegen insoweit auch die vor der Steuersatzminderung (also hier vor dem 1.7.2020) vereinnahmten Anzahlungen dem verminderten Steuersatz.
Zwei Möglichkeiten der Abrechnung der Anzahlung sind zulässig:
- a. 1. Die Umsatzsteuer auf die Anzahlung wird bereits mit dem verminderten Steuersatz, z. B. mit 16 %, abgerechnet und gesondert ausgewiesen. Der Leistende muss im Voranmeldungszeitraum der Vereinnahmung der Anzahlung die verminderte Umsatzsteuer anmelden und abführen. Der Leistungsempfänger kann, soweit er vorsteuerabzugsberechtigt ist, hieraus auch den Vorsteuerabzug geltend machen. In der Endrechnung entsteht dann keine zusätzliche „Nachsteuer“ auf die Anzahlung.
- b. 2. die Umsatzsteuer auf die Anzahlung wird noch mit dem bisherigen Steuersatz, z. B. mit 19 %, abgerechnet und gesondert ausgewiesen. Im Voranmeldungszeitraum der Vereinnahmung ist die Anzahlung mit dem alten Steuersatz, z. B. 19 %, anzumelden und abzuführen. Die verminderte Steuerschuld (bei der Minderung zum 1.7.2020: 3 %-Punkte) ist dann im Voranmeldungszeitraum der Leistungsausführung anzumelden und zu entrichten. In der Endrechnung ist dann auf die zutreffende Absetzung der Anzahlung zu achten.
Netto | Umsatzsteuer | Brutto | |
Erbrachte Gesamtleistung zu 16 % | 200.000 EUR | 32.000 EUR | 232.000 EUR |
abzüglich geleistete Anzahlungen zu 19 % | 50.000 EUR | 9.500 EUR | 59.500 EUR |
Restzahlung | 150.000 EUR | 22.500 EUR | 172.500 EUR |
- 7. Teilleistungen
Es kommt (insbesondere im Handwerk) vor, dass Teilleistungen erbracht werden. Maßgebend wäre der Steuersatz, der im Zeitpunkt der Vollendung der Teilleistung gilt.
Wichtig ist, dass die Teilleistung vereinbart und auch objektiv feststellbar und abrechenbar ist.
- a. Beispiel Handwerkerleistung: Sie wurden beauftragt, das Dach zu sanieren UND die Hofeinfahrt zu pflastern. Das Dach wird im Juni komplett fertig saniert (= Steuersatz 19%), die Hofeinfahrt wird im Juli fertig gestellt (=Steuersatz 16%).
- b. Beispiel Dienstleistung: Ich werde beauftragt eine Expertise zu erstellen und als Diskussionsgrundlage im Juni zu liefern, zum Auftrag gehört aber auch, dass im Juli die Expertise im Auftraggeberkreis mit mir final besprochen wird.
Für die Leistung im Juni kann ich eine Teilleistungsrechnung mit 19% stellen und eine Rechnung für den Besprechungstermin mit Abschluss der Leistung mit 16%. Beide Teilleistungen sind objektiv darstellbar.
- c. Wenn Sie einen Auftrag erhalten und eine Auftragsbestätigung schreiben, sollten Sie darin immer auf eventuelle Teilleistungen hinweisen. Sie sollten mit dem Auftraggeber vereinbaren, dass sich beide Vertragsparteien verpflichten eine etwaige Steuerabweichung und damit auch eine nachträgliche Rechnungsberichtigung zu akzeptieren, falls das Finanzamt zu einer anderen umsatzsteuerlichen Betrachtungsweise kommen sollte.